Text: Zitate aus: “Ich hasse die moderne Kunst!” Ullstein Buch 295, 1960. (erneut veröffentlicht: Jacques Delahaye - Der Bildhauer. Kettler Kunst, 2006. Herausgeber: Theo Bergenthal / Joachim Stracke)
Zitate aus: “Ich hasse die moderne Kunst”
von John Anthony Thwaites
S. 107 ... Den neuen Stil kann man an den Beispielen zweier jüngerer Plastiker umreißen, dem Franzosen Jacques Delahaye und dem Deutschen Norbert Kricke. Delahaye ist einer der Bildhauer, die gewissermaßen ein Äquivalent zum Tachismus darstellen. (...) Er modelliert in Gips mit Hilfe von verschiedenen Materialien wie Wellpappe, Maschendraht usw. Seine Plastiken sehen zuerst wie Strandgut aus, wie vom Meer angespülte alte Hölzer oder halbverfaulte Objekte. Aber wenn man sie näher betrachtet, merkt man, daß sie eine Einstellung zur Materie vermitteln, die der von Dubuffet sehr ähnelt. Nur muß der Plastiker mit dem physischen Raum rechnen, und man hat den Eindruck, daß dieser das Material wie eine Säure weg frißt. Ohne weiteres hat dies etwas mit Kriegszerstörung zu tun, die Delahaye als Kind in Frankreich erlebte. Aber sie ist auch nicht von der modernen physikalischen Anschauung der Materie zu trennen, die wir bereits so oft erwähnt haben. Genau wie bei den Malern ist Rhythmus hier das Kompositionsprinzip. Der große Rhythmus, der die scheinbar sich zerbröckelnde Materie durchzieht. Aus diesem doppelten Rhythmus kommt der Ausdruck einer großen Vitalität. Diese Art von Plastik steht der Malerei so nah, daß viele der jungen Bildhauer Schwierigkeiten mit der dritten Dimension haben und das Relief der freistehenden Plastik vorziehen. Das ist mit Delahaye nicht der Fall. Seine Plastiken haben wie die vieler seiner Kollegen eine stark expressive Seite, manchmal aggressiv, manchmal verhalten und manchmal mit einer gewissen Tragik.
S. 127 ... Neben Delahaye ist in Paris César (Baldachini) der führende, mit den Tachisten verwandte Plastiker. Er ist vor allem in seinen Reliefplastiken wesentlich und hat Schwierigkeiten mit der dritten Dimension. Das gilt auch für die sonst sehr fruchtbaren Italiener P. Consagra und G. Pomodoro sowie den britischen Bildhauer E. Paolozzi. Dies liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache: Die Materie anzugreifen und zu zerstören und trotzdem dreidimensional zu bleiben, ist besonders schwierig. Trotzdem ist es erreicht worden von Delahaye, von dem Amerikaner Roszak (...), von den Holländern Wessel Couzijn und S. Tajiri und in ihren besten Arbeiten von den Deutschen E. Cimiotti und der Bildhauerin B. Meier-Denninghoff. Nicht aber von E. Hermanns oder O. H. Hajek.